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Ludwig van Beethoven, Brief an Pauline Anna Milder-Hauptmann, Wien, vor dem 27. Februar 1814, Autograph

Beethoven, Ludwig van
[Briefe / Milder-Hauptmann, Pauline Anna / 1814.02]
Brief an Pauline Anna Milder-Hauptmann, Wien, vor dem 27. Februar 1814. – Autograph
Wien, 02.1814. – 1 Doppelblatt, 4 beschriebene Seiten. – Tinte ; 19 x 17 cm. – Dt.

Textanfang: "Heute wollte ich zu Ihnen kommen, allein es ist nicht möglich, sie werden selbst wissen, wie viel man A.[kademie] zu besorgen hat"

Eigenhändiger Brief, undatiert, mit Unterschrift. Datierung nach BGA.

In späteren festen Einband mit Vor- und Nachsatzblatt geheftet.

Provenienz: Privatbesitz in Österreich, J. A. Stargardt in Marburg (Auktion 27./28.11.1979, "Autographen aus allen Gebieten", Katalog 618, Los 710), Louis Koch in Frankfurt/Main, Carl Meinert in Frankfurt/Main

Zugang: 2001, Kauf. – Erworben mit Mitteln aus einem Benefizkonzert von Anne-Sophie Mutter

Anna Milder war eine der berühmtesten Sängerinnen ihrer Zeit, Beethoven hatte für sie den Part der Leonore in seiner Oper "Fidelio" (in allen Fassungen) geschrieben. Er entschuldigt sich bei ihr für Mälzels Anfrage, ob sie nicht an Beethovens Akademie am 27.2.1814 den Solopart übernehmen könne, obwohl er zugibt, über ihre Teilnahme nachgedacht zu haben - sie sei sogar der "erste Gegenstand" gewesen, womit er sein Konzert habe verschönern wollen.

Auch entschuldigt er sich, ihr nur ein "alte" Arie von sich selbst anbieten zu können - "hätte ich eine neue Arie zu meiner disposition gehabt, so hätte ich mich ihnen zu Füßen gelegt, daß sie meine Bitte erhört hätten". Beethoven kündigt an, sobald sich seine materiellen Lebensumstände besserten (durch die Folgen des Krieges hatte er den Großteil seiner Rente eingebüßt), "soll mein erstes seyn für unsre einzige Milder eine oper zu schreiben, und alle meine Kräfte anzuspannen, mich ihrer würdig zu machen".

Beethovens Tonfall klingt ungewohnt behutsam, höflich, ja fast unterwürfig. Auch das äußere Erscheinungsbild ist auffallend: kaum ein Schreiben von Beethovens Hand ist so sauber und sorgfältig verfasst wie dieser Brief. Beethoven schreibt hier von gleich zu gleich, von Künstler zu Künstler. Was aber steckt zwischen den verklausulierten Floskeln? Anna Milder war nach unserem Dafürhalten ein Star, und Beethoven wollte sich ihr Wohlwollen erhalten. Voreilig hatte Mälzel ihr Einverständnis zu Beteiligung an einem Konzert eingeholt, Beethoven hatte aber gar kein adäquates Stück parat und musste ihr jetzt absagen. Seine Absage versucht er so ehrerbietig wie möglich zu formulieren und schwächt sie noch zusätzlich mit dem Angebot von Freikarten für ebendieselbe Akademie ab.

Absage hin oder her - scheinbar hat Anna Pauline Milder-Hauptmann Beethoven seinen Korb nicht übel genommen. Vielleicht hat auch das Schreiben sein übriges getan. Oder haben es die Konzertveranstalter verstanden, die Sängerin milde zu stimmen? Tatsache ist jedenfalls, dass Milder-Hauptmann dennoch in der Akademie ein Solo sang - sie übernahm den Sopranpart in Beethovens Terzett "Tremate empi tremate" op. 116, das zwar schon 1802 entstanden, bislang jedoch noch nicht öffentlich aufgeführt worden war. (J.R.)

Nachweis: BGA 702. – BBS 3


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