Pauline Viardot-Garcia, Brief an Giacomo Meyerbeer, Schloss Courtavenel bei Rozay-en-Brie, 8. Juli 1845, Autograph
BH 234
Datierung Bl. 1r: "chateau de Courtavenel / 8 Juillet."
Textanfang: "Mon mari me rapporte à l'instant votre lettre du 1.er, que M.r Boin a fait remettre avant hier à la maison"
Eigenhändiger Brief, datiert, mit Unterschrift. Die Jahreszahl ergibt sich aus dem Inhalt. Der Adressat ist mutmaßlich, aber wahrscheinlich; auch Franz Liszt könnte der Adressat gewesen sein.
Bl. 1r oben von fremder Hand mit Bleistift "1874".
Zugang: 1934, Kauf Antiquariat David Salomon in Berlin
Pauline Viardot-Garcia antwortet auf eine Einladung von Giacomo Meyerbeer. Die Ruine Stolzenfels war 1823 vom Koblenzer Stadtrat dem Kronprinz von Preußen geschenkt worden. Ab 1840 König Friedrich Wilhelm IV., ließ er sie zu einem repräsentativen Schloss umbauen. Bei der festlichen Einweihungsfeier am 14. August 1845 waren Königin Victoria von England mit Prinz Albert, der belgische König und der Erzherzog von Österreich zu Gast. Mitwirkende des Abendkonzerts waren u. a. Pauline Viardot-Garcia, Jenny Lind, Franz Liszt und Giacomo Meyerbeer. Zwei Tage zuvor hatte in Bonn die Einweihung des Beethoven-Denkmals auf dem Münsterplatz stattgefunden.
Brieftext: "Cher, bon et illustre Maestro. Mon mari me rapporte à l'instant votre lettre du 1er, que Mr. Boin a fait remettre avant hier à la maison. Je commence avant tout par vous remercier bien cordialement d'avoir pensé à moi pour cette brillante solennité. Je m'étais bien promis, à mon retour en France de prendre un repos absolu et vraiment nécéssaire entre mes deux laborieuses saisons de St. Petersbourg; j'ai refusé, en conséquence, toutes les propositions qui m'ont été faites d'utiliser ma saison d'été; mais, devant votre demande, et pour un tel objet, il n'y a ni refus, ni hésitation possibles. Je me mets donc entièrement aux ordres de Sa Majesté. Trouvez bon, cher Maestro, que je ne propose aucune condition, et que je laisse de coté toute question d'intérêt. Cela dit, il me reste à vous exprimer combien je regrette que votre lettre me soit arrivée si tard dans ma rétraite à la campagne. En calculant le temps que mettra celleci à vous parvenir, et le temps de recevoir votre réponse, le 22 sera venu justement. Il serait donc presque materiellement impossible que je fusse aux fêtes de Stolzenfels si elles ont lieu à la première époque que vous designez, du 22 au 30 Juillet. Il n'y a que le cas où elles seraient remises du 1er. au 8 Aout qui me permettrait d'y paraître. Si vous m'annoncez, dans la réponse immédiate que j'attends de vous, que les trois concerts se donneront à une époque où je puisse être arrivée, je ferai aussitôt mes préparatifs de départ. Quant aux morceaux à choisir, je connais bien un peu déjà par expérience le gout de la Reine d'Angleterre: je me rappelle, par exemple, qu'elle m'a fait répéter aux concerts de musique ancienne l'air de Haendel que vous connaissez, le Psaume de Marcello, l'air avec choeurs d'Armide 'Jamais dans ces beaux lieux' etc - Peut être aimera t elle mieux des morceaux plus modernes et plus brillants. Mais toutes mes parties d'orchestre sont restées à St. Petersbourg. Je ne pourrais apporter, de mon repertoire particulier, qu'un air de Balfe très brillant et à grand effet, et une Sicilienne de Pergolese. Mais en général pour les airs et pour les morceaux d'ensemble disposez de tout le repertoire italien, tout Rossini, et les meilleurs ouvrages de Bellini et de Donizetti. Je suis prête à apprendre tout ce que vous m'indiquerez en dehors de ce répertoire. Je me hâte, cher Maestro, pour que ma lettre ne souffre pas un jour de retard. Je vais l'envoyer par un exprès à la poste voisine. Repondez moi, courrier par courrier à l'adresse ci jointe. Château de Courtavenel, Par Rosoy en Brie, Seine et Marne. et recevez, avec les compliments affectueux de mon mari, l'expression de mes sentiments d'admiration et de devouement. Pauline Viardot"
Übersetzung: "Lieber, guter und berühmter Maestro. Soeben bringt mir mein Ehemann Ihren Brief vom 1. mit, den Herr Boin vorgestern zu Hause überbringen ließ. Vor allem möchte ich Ihnen zunächst sehr herzlich danken, dass Sie bei dieser glanzvollen Feierlichkeit an mich gedacht haben. Ich hatte mir fest vorgenommen während meiner Rückkehr nach Frankreich eine vollkommene und wirklich notwendige Ruhepause zu nehmen zwischen meinen beiden arbeitsreichen Spielzeiten von St. Petersburg; ich habe folglich alle Angebote abgelehnt, die mir zur Nutzung meiner Sommersaison gemacht worden sind; aber angesichts Ihrer Bitte und bei einer solchen Sache sind weder Ablehnung noch Zögern möglich. Ich unterwerfe mich also vollkommen den Befehlen Ihrer Majestät. Halten Sie mir zugute, lieber Maestro, dass ich keinerlei Bedingungen stelle und jegliche Frage des Eigeninteresses beiseite lasse. Abgesehen davon, kann ich Ihnen gegenüber nur zum Ausdruck bringen, wie sehr ich es bedaure, dass ich Ihren Brief in meiner Zurückgezogenheit auf das Land so spät erhalten habe. Wenn ich die Zeit berechne, die dieser nun braucht, um Sie zu erreichen und die Zeit, um Ihre Antwort zu erhalten, wäre der 22. genau erreicht. Es wäre also fast faktisch unmöglich, dass ich bei den Festivitäten von Stolzenfels bin, wenn diese in der ersten Phase stattfinden, die Sie nennen, vom 22 bis 30. Juli. Nur für den Fall, dass sie verschoben würden auf den 1. bis 8. August wäre es mir möglich, dort aufzutreten. Wenn Sie mir in der sofortigen Antwort, die ich von Ihnen erwarte, mitteilen, dass die drei Konzerte zu einer Zeit stattfinden, zu der ich angekommen sein kann, werde ich sofort meine Vorbereitungen zur Abreise treffen. Was die zu Wahl der Stücke angeht, kenne ich schon ein wenig aus Erfahrung den Geschmack der Königin von England: Ich erinnere mich zum Beispiel, dass sie mich in den Concerts of Ancient Music die Arie von Händel, die Sie kennen, den Psalm von Marcello, das Air mit Chören aus Armide [von Gluck] "Jamais dans ces beaux lieux" etc. Dacapo singen ließ. - Vielleicht mag sie eherdie moderneren und brillanteren Stücke. Aber all mein Orchestermaterial ist in St. Petersburg geblieben. Ich kann aus meinem besonderen Repertoire nur ein Air von [Michael William] Balfe mitbringen, das sehr brillant und effektvoll ist, und eine Siciliana von Pergolesi. Aber was im allgemeinen die Arien und Ensemblestücke betrifft, können Sie über das gesamte italienische Repertoire verfügen, den ganzen Rossini sowie die besten Werke von Bellini und Donizetti. Ich bin bereit, alles zu lernen, was Sie mir über dieses Repertoire hinaus nennen. Ich beeile mich, lieber Maestro, damit mein Brief auch nicht einen Tag Verzögerung erleiden muss. Ich werde ihn durch einen Eilboten zur nächsten Post schicken. Antworten Sie mir postwendend an diese Adresse: Schloss Courtavenel, über Rozay-en-Brie, Seine-et-Marne. und empfangen Sie, mit herzlichen Komplimenten von meinem Mann, den Ausdruck meiner Empfindungen von Bewunderung und Ergebenheit. Pauline Viardot" (B. A. K.)
Nachweis: Schmidt-Görg 234
Schlagwörter:
Viardot-Garcia, Pauline / Brief / Meyerbeer, Giacomo / 1845
Viardot-Garcia, Pauline / Aufführung / Stolzenfels / 1845
Permalink