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Clemens Brentano, Brief an Karl Joseph Windischmann in Bonn, Haltern, 11. Februar 1824, Autograph

Brentano, Clemens
[Briefe / Windischmann / 11.02.1824]
Brief an Karl Joseph Windischmann in Bonn, Haltern, 11. Februar 1824. – Autograph
Haltern, 11.02.1824. – 1 Blatt, 1 Seite Brieftext, 1 Adressenseite. – Tinte ; 23,4 x 19,7 cm. – Dt.

Datum: "11ten Februar 1824."; Adresse: "Herrn / Professor Windischmann. / Wohlgeboren / Bonn."; Postvermerk: "Haltern 12/2" Forts. unleserlich; Recto spätere Aufschrift mit Bleistift: "gedruckt .76 [korrigiert in:] 75."

Textanfang: "Beikommenden traurigen Brief lese"

Eigenhändig, mit Datum, ohne Unterschrift.

Provenienz: Privatbesitz ; Dr. Lilla Brentano

Zugang: 05.12.2014, Kauf

Clemens von Brentano verbrachte sechs Jahre bei der stigmatisierten Augustinernonne Anna Katharina Emmerick im im westfälischen Dülmen. An ihrem Krankenlager zeichnete er ihre Visionen auf, fügte eigene Anmerkungen hinzu und vermischte sie mit dichterischen Passagen. Am 9. Februar 1824 verstarb Emmerick. In seinem Brief an den Bonner Professor für Philosophie und Medizin Karl Joseph Windischmann (1775-1839) beklagt Brentano den Verlust und bittet, Bischof Johann Michael Sailer oder seinen Diözesanpriester Melchior von Diepenbrock in Regensburg über den Tod der Nonne zu unterrichten. Zu den weiteren Anweisungen gehört auch, dem Bruder Franz Brentano zu melden, dass die Nonne auf dem Sterbebett eine Kur für seinen Sohn Karl visioniert habe. Clemens Brentano nahm regen Anteil am Schicksal seines Neffen, dem jüngsten Sohn von Franz und Antonie Brentano. Karl (1813-1850) war gehbehindert und geistig auf dem Stand eines Kleinkindes.

Text (nach der Frankfurter Brentano-Ausgabe): "Liebster Windischmann! Beikommenden traurigen Brief lese, gönne meinem Schmerz in deinem lieben Herzen ein Gefäß, das ihn vor Gott ausschüttet, und mache gleich ein Couvert darüber Adresse von Bischoff Sailer, oder Melchior Diepenbrok Weltpriester bei Herrn Bischoff Sailer Regensburg, ich bin zu betrübt zweimahl zu schreiben. - Da die geliebteste Freundinn, die treue, elendeste Kreuzträgerinn von ihrem Bräutigam uns unwürdigen entnommen worden, so melde nun an meinen Bruder, daß sie die Kur für Karl mit allen Bestimmungen angegeben, sie habe auf ihrem Sterbebett zu mir gesagt, als ich die Neugierde der Frau ihr in die von der Welt bereits abgeschiedene Taubheit gerufen, mit dem Ernst einer vor Gott tretenden Seele gesagt: Sagen Sie nur, es sey von mir. - Schreibe zugleich, daß ich nicht geläugnet in meinem lezten, daß ich darum wisse, daß ich nur geläugnet, Etwas dazu gesetzt zu haben, vielmehr habe ich vieles Andre, mir Ganz Unbekannte, was nicht zur Heilung und Erkenntniß des Uebels gehöre, nicht geschrieben, daß die Kranke ohne meine Veranlassung mir dieses von Gott unter Vielen aufgeopferten Schmerzen erfleht habe und gesagt: ich habe so viele Liebe von Ihnen empfangen, und Alles kömmt, was Sie haben vom Fleiß und der Treue ihres Guten Bruders und der [...] aller Armen, denen Gutes dadurch zugefloßen angefleht in drei Nächten dreimahl dieses erhalten. - Es ist also eine Sache des Danks gegen mich und die Meinigen, und die Ärmste [...] vor ihrem bereits Gefühlten Tod mir dankbar seyn. Es war eine ihrer lezten Gebetsarbeiten Gott segne sie! - Noch weiß ich keinen Ausweg, keine Zukunft, Gott muß helfen, ich hoffe dich wenigstens bald einmahl zu sehen. Lebwohl! Sie lebt nicht mehr, die Welt scheint mir viel leerer und schwerer! Ich schreibe diese beim guten Pfarrer Büttner zu Haltern, der mich liebt und mit mir trauert, er grüßt und segnet dich. Morgen fahre ich mit ihm nach Bocholt, die Leidenspost zu bringen. - Als van der Meulen nach Bocholt gieng, gab ich ihm mehrere Defect Bogen von Maistres Pabst für Bostel mit, die dieser noch nicht empfangen. Erinnere ihn. - Lasse eine Messe für die Verstorbene leßen und opfre sie mit Liebe auf, und gedenke meiner dabei, sie liebte dich herzlich. - Melde es der Frau Hirn, mit Trost und der Versicherung, sie habe sie bis zulezt Gott befohlen, und bitte um ihr Gebet für ihre Arme Seele!" (F. G. )

Literatur: Clemens Brentano, Sämtliche Werke und Briefe, Band 35. Briefe VII (1824-1829), hrsg. von Sabine Oehring, Stuttgart, 2012, S. 58f und S. 590.

Nachweis: Frankfurter Brentano-Ausgabe 832


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