Lorenz von Breuning, Brief an Karl Kügelgen in Bonn, Wien, 12. Dezember 1796, Autograph
W 122
Sammlung Wegeler
Datierung: "Wien den / 12ten Dezember."
Textanfang: "Ich habe deinen Brief erhalten. Er traf mich in einer Lage, worinn es mir lieb war, daran erinnert zu werden, daß ich noch Freunde habe"
Eigenhändiger Brief, datiert, mit Unterschrift. Jahreszahl ergänzt. Der Brief stammt aus demselben Jahr wie der des Bruders vom November (W 125), da er an einige dort beschriebene Ereignisse anknüpft.
Auf Bl. 1r oben in der Mitte von Franz Gerhard Wegelers Hand "Kügelgen." Vgl. Wegelers Anmerkung zu Barbara Koch und den Zwillingsbrüdern Kügelgen in den Biographischen Notizen, S. 58f.
Provenienz: Familie Wegeler in Koblenz
Zugang: 1998, Dauerleihgabe der Julius-Wegelerschen-Familienstiftung
Vierter von zwölf Briefen und Brieffragmenten der Brüder Lorenz (genannt Lenz) und Stephan von Breuning, die sie zwischen 1795 und 1810 aus Wien in die Heimat Bonn sandten (W 119-130). Lorenz von Breuning (1776-1798), der jüngste der vier Geschwister von Breuning, studierte ab Herbst 1794 unter Franz Gerhard Wegelers Betreuung Medizin in Wien. Einer seiner Lehrer war der Chirurgieprofessor Johann Nepomuk Hunczovsky (1752-1798), bei dem auch Wegeler während seines früheren Wienaufenthalts studiert hatte und zu dem sich eine enge Freundschaft entwickelte. Stephan (1774-1827) und Christoph von Breuning (1773-1841) folgten ihrem Bruder am 26. Dezember 1795 nach Wien. Fünf Monate später, am 30. Mai 1796, kehrten Wegeler und Christoph nach Bonn zurück. Ein weiteres halbes Jahr später, Mitte Oktober 1796, übersiedelte Stephan nach Mergentheim, um eine Stelle bei der Regierung des Deutschen Ordens anzutreten. Lorenz blieb bis Herbst 1797 in Wien. Kaum nach Bonn zurückgekehrt starb er im April 1798, erst einundzwanzigjährig. Nachdem Stephan von Breuning im Mai 1801 ein zweites Mal kurz in Wien weilte, trat er im Januar 1803 eine Stelle im Kriegsministerium an und blieb in Wien. Viele, jedoch nicht alle Briefe und Fragmente enthalten Nachrichten über Beethoven. Auch die Vettern Andreas und Bernhard Romberg, die zum Bonner Freundeskreis gehörten, hielten sich um 1796 in Wien auf.
Lorenz von Breuning antwortet auf einen Brief seines Bonner Freundes, des Malers Karl von Kügelgen. Er ist sehr niedergeschlagen. Der Brief traf ihn in einer Lebenssituation an, die ihn veranlasste zu glauben, alle Freunde und alles Glück durch den Tod zu verlieren. Vor drei Wochen starb die Frau des Wundarztes Johann Nepomuk Hunczovsky. Mit der Familie Hunczovsky verbindet Lorenz eine herzliche Zuneigung. Der Schmerz der Mutter und des Ehemannes rührt ihn noch mehr als der Verlust, den er zu erleiden hat. Acht Tage später erkrankten auch noch zwei Wiener Bekannte ("du mußt das Wort Freunde hier nicht im strengen verstanden nehmen") schwer, so dass ihr Tod zu befürchten war. Kügelgens neue Freundin Eunike, die Lorenz ebenfalls kennt, veranlasst ihn, den Freund zu warnen. Er soll sich nicht vom Schein täuschen lassen. (Möglicherweise handelte es sich um eine Verwandte des 1792/93 an der Bonner Hofoper angestellten Tenors Friedrich Eunike, der den Klavierauszug von Mozarts "Zauberflöte" bei Simrock herausgegeben hat.) Auch über die Bonner Familie Koch hat es einen Nachrichtenaustausch gegeben. Lorenz ist von Matthias Kochs "musikalischer Geschicklichkeit" überzeugt, während Kügelgen ihn nur für mittelmäßig begabt hält. Lorenz gesteht, einst Barbara Koch geliebt zu haben, und auch jetzt nimmt er noch Anteil an ihrem Schicksal. Er befürchtet, dass ihre Zukunft nicht die angenehmste sein wird. Die beiden Vettern Andreas und Bernhard Romberg, gemeinsame Bonner Freunde, die sich in Wien auf Konzertreise befanden, will Lorenz unterstützen, so gut und so lang er kann. Lorenz bittet Kügelgen und seinen Zwillingsbruder Gerhard um ein Stammbuchblatt: "Ich weiß zwar, daß unsre 10jährige Freundschaft dieses kindische Zeichen der Erinnerung nicht nöthig hat; indeß wird es mich dennoch freuen eine Sammlung von freundschaftlichen Wünschen von Seiten meiner Lieben zu besitzen; und besonders wird mich das Denkmaal deiner herzlichen Freundschaft freuen, die, wie du weißt, eins der wenigen und der größten Güter dieses meines Lebens ausmacht. Lebe wohl, und möchte ich doch recht bald den Freund, der mich zuerst durch sein eigenes Beispiel lehrte, tugendhaft, edel zu sein, möchte ich dich bald wiedersehen! ... Das Stammbuchblatt muß ein gewöhnliches Oktavblatt sein. Wenn Gerhard Zeit und Lust hat, mir auch eins zu schicken: so weißt du, daß es mir lieb ist. Auch er war ja der Freund meiner Jugend, und ist es noch." (F.G.)
Literatur: Grigat, Die Sammlung Wegeler ..., Bonn 2008, Nr. E6. – Ladenburger, Beethoven und sein Bonner Freundeskreis, Bonn, 1998, S. 25
Nachweis: Grigat E6
Schlagwörter:
Breuning, Lorenz von / Brief / Kügelgen, Karl von / 1796
Breuning, Lorenz von / Koch, Babette
Breuning, Lorenz von / Hunczowsky, Frau / Tod
Breuning, Lorenz von / Romberg, Bernhard Heinrich / Geld
Breuning, Lorenz von / Romberg, Andreas Jakob / Geld
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