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Scan 3776: Übergang zum Digitalen Archiv

Stephan von Breuning, Brief an Franz Gerhard Wegeler, Wien, 13. Oktober 1804, Autograph, Fragment

W 126

Sammlung Wegeler

Breuning, Stephan von
[Briefe / Wegeler, Franz Gerhard / 1804.10.13]
Brief an Franz Gerhard Wegeler, Wien, 13. Oktober 1804. – Autograph, Fragment
Wien, 13.10.1804. – 1 Doppelblatt, 4 beschriebene Seiten. – Tinte ; 19,8 x 12,6 cm. – Dt.

Datierung: "Wien d 13. 8ber 1804."

Textanfang: "Ich kenne, und fühle alle die Vorwürfe, die ihr mir mit Recht machen könnt"

Eigenhändiger Brief, datiert, ohne Unterschrift. Das zweite Blatt ist fast vollständig abgeschnitten, es sind lediglich die ersten 4 1/2 Zeilen, Beethoven betreffend, erhalten.

Randmarkierung von Wegeler, mit roter Tinte von Franz Gerhard Wegeler über der Anrede: "9. [oder: G.]", auch am rechten oberen Rand Kürzel von Wegelers Hand: "g"

Wegeler zitiert im "Nachtrag..." aus dem Brief.

Provenienz: Familie Wegeler in Koblenz

Zugang: 1998, Dauerleihgabe der Julius-Wegelerschen-Familienstiftung

Achter von zwölf Briefen und Brieffragmenten der Brüder Lorenz (genannt Lenz) und Stephan von Breuning, die sie zwischen 1795 und 1810 aus Wien in die Heimat Bonn sandten (W 119-130). Lorenz von Breuning (1776-1798), der jüngste der vier Geschwister von Breuning, studierte ab Herbst 1794 unter Franz Gerhard Wegelers Betreuung Medizin in Wien. Einer seiner Lehrer war der Chirurgieprofessor Johann Nepomuk Hunczovsky (1752-1798), bei dem auch Wegeler während seines früheren Wienaufenthalts studiert hatte und zu dem sich eine enge Freundschaft entwickelte. Stephan (1774-1827) und Christoph von Breuning (1773-1841) folgten ihrem Bruder am 26. Dezember 1795 nach Wien. Fünf Monate später, am 30. Mai 1796, kehrten Wegeler und Christoph nach Bonn zurück. Ein weiteres halbes Jahr später, Mitte Oktober 1796, übersiedelte Stephan nach Mergentheim, um eine Stelle bei der Regierung des Deutschen Ordens anzutreten. Lorenz blieb bis Herbst 1797 in Wien. Kaum nach Bonn zurückgekehrt starb er im April 1798, erst einundzwanzigjährig. Nachdem Stephan von Breuning im Mai 1801 ein zweites Mal kurz in Wien weilte, trat er im Januar 1803 eine Stelle im Kriegsministerium an und blieb in Wien. Viele, jedoch nicht alle Briefe und Fragmente enthalten Nachrichten über Beethoven. Auch die Vettern Andreas und Bernhard Romberg, die zum Bonner Freundeskreis gehörten, hielten sich um 1796 in Wien auf.

Stephan von Breuning hat längere Zeit nicht nach Bonn geschrieben, weil es ihm nicht gelang, "aus der ganzen Wärme des Herzens" zu sprechen. Er ist mit Arbeit überhäuft, das "kalte bürgerliche und strenge Dienstverhältnis" sagt ihm nicht zu, er ist abgespannt und er fühlt sich einsam in der fremden Stadt. Zudem ist der Umgang mit dem einzigen ihm verbliebenen Bonner Freund, Beethoven, sehr anstrengend geworden: "Der einzige Freund, der mir von den Jugendjahren hier blieb, trägt auch oft und viel dazu bey, daß ich gezwungen werde, die abwesenden [Freunde] zu vernachläßigen. Sie glauben nicht, lieber Wegeler, welchen unbeschreiblichen und, ich möchte sagen, schrecklichen Einfluß seine Abnahme des Gehörs auf ihn gemacht hat. - Denken Sie sich das Gefühl, unglücklich zu seyn, bey seinem heftigen Charakter, hierbey Verschloßenheit, Mißtrauen, oft gegen seine besten Freunde, in vielen Dingen Unentschloßenheit. - Größtentheils, nur mit einigen Ausnahmen wo sich sein ursprüngliches Gefühl ganz frey äußert, ist Umgang mit ihm eine wirkliche Anstrengung, wo man sich nie sich selbst überlassen kann. - Seit dem May bis zu Anfang dieses Monats haben wir in dem nämlichen Hause gewohnt, und gleich in den ersten Tagen nahm ich ihn in meine Zimmer. - Kaum bey mir, verfiel er in eine heftige am Rande der Gefahr vorübergehende Krankheit, die zulezt in ein anhaltendes Wechselfieber überging. - Besorgniß und Pflege haben mich da ziemlich mitgenommen. - Jezt ist er wieder ganz wohl. - Er wohnt auf der Bastey, ich in einem neu vom Fürsten Esterhazi gebauten Hause vor der Alster Kaserne, und da ich seit dem Jänner dieses Jahres meine eigene Haushaltung mit einer 66jährigen Köchin führe; so ißt er täglich mittags bey mir." Wehmütig blickt Stephan von Breuning auf die gemeinsame Zeit mit Wegeler in Bonn zurück. (F.G.)

Literatur: Grigat, Die Sammlung Wegeler ..., Bonn 2008, Nr. E9. – Ley, Beethoven als Freund der Familie Wegeler-v. Breuning, Bonn 1927, S. 251, S. 80

Nachweis: Grigat E9


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