Ludwig van Beethoven, Brief an Ferdinand Ries in London, Wien, 25. Mai 1819, Autograph
Brief an Ferdinand Ries in London, Wien, 25. Mai 1819. – Autograph
Wien, 25.05.1819. – 1 Doppelblatt, 3 Seiten Brieftext, 1 Adressenseite. – Tinte ; 24,9 x 20,8 cm. – Dt.
Adresse von der Hand Olivas: "Vienne / à Mons.r Ferdinand Ries. pr / adr de Mess. Goldsmidth in [andere Tinte:] bankers [?]. a / [1. Tinte:] Londres"; Eigenhändige Datierung: "Vien / am 25ten May / 1819."; auf der Adressenseite Bemerkung von der Hand Thomsons: "The gentleman who brought this, / committed it to the / care of a friend, who un- / -fortunately mislaid it, & / found it again only two / day[s ago] - Edinburgh / 28 Oct 1819"; Links Empfängervermerk von Ries: "Beethoven / 25 Marz [sic] 1819"; darunter von Franz Gerhard Wegeler: "Mit Reinschrift."; Siegelrest
Textanfang: "Ich höre u. sehe nichts, indem ich ihnen das Quintett u Sonate geschikt"
Eigenhändiger Brief mit Unterschrift, eigenhändig datiert.
Fehlstelle durch Öffnen des Siegels, mit Textverlust auf Bl. 2v.
Reinschrift des gesamten Textes auf dem Brief selbst von Franz Gerhard Wegeler.
Ferdinand Ries veröffentlichte einen Ausschnitt des Briefes in den "Biographischen Notizen" (S. 151-152). Vollständiger Abdruck bei Ley.
Franz Gerhard Wegeler erhielt den Brief von Ries während der Arbeit an den "Biographischen Notizen". Die Reinschrift (auf dem Blatt selbst) stammt von Franz Gerhard Wegeler (siehe auch die ähnlich lautende Aufschrift Wegelers auf dem Brief Beethoven-Haus Bonn, NE 29). Aus einem Brief Wegelers vom 10. August 1838 an einen Bekannten mit Namen Hirte in Koblenz (HCB BBr 44a) geht hervor, dass Wegeler den Brief verliehen und nicht zurückerhalten hatte: "Noch ist auch bis heuer kein Buchstabe Bvn's von mir abgegeben worden, wohl aber wurde mir das Original eines Briefes von B. an Ries, der lithographirt werden sollte, entwendet. Es ist der [auf] S. 151 der Beiträge [=Biographische Notizen] abgedruckte vom 15 Mai 1819. Sollte er Ihnen je, ja selbst 30 Jahre nach meinem Tode zu Gesicht kommen, so authorisire ich Sie ihn als entwendet zu reclamiren." Hirte erhält ein Billett von Beethoven (HCB BBr 44, BGA 192), das ihm Wegeler mit den Worten überreicht: "Ihren Wunsch, mein lieber Herr Hirte, eine Zeile von meines Freundes Beethoven Hand zu erhalten, habe ich eben so wenig vergessen, als mein Versprechen mein Mögliches zu dessen Realisierung beizutragen. Meinem verewigten Freunde habe ich das Gesuch um Ueberlaßung eines autographischen Billets so lange vorgetragen, bis meine Bitte, einige Wochen vor seinem Tode, durch die Anlage erfüllt ward. Ein weiteres habe ich nicht und dies einzige ist bestimmt mein Versprechen zu lösen." Ries hatte Wegeler das Billett mit Brief vom 13. Dezember 1837 (W 77) überlassen. Spätestens im Dezember 1911 befindet sich der Brief wieder in der Sammlung (siehe W 278, S. 25). Ohne Besitznachweise blieben die beiden Faksimiles der dritten Seite im Beethoven-Kalender auf das Jahr 1907 (nach S. 74) und in Paul Bekkers Beethoven-Biographie von 1911 (Abbildungsteil S. 92), beide bei Schuster & Loeffler in Berlin und Leipzig erschienen.
Provenienz: Familie Wegeler, Koblenz
Zugang: 1998, Dauerleihgabe der Julius-Wegelerschen-Familienstiftung
Der Brief Beethovens an Ries ist in scherzhaftem Tonfall verfasst, wie Beethoven ihn Freunden gegenüber häufig anschlug. Beethoven fragt nach den vor längerer Zeit übersandten Werken op. 104 und op. 106. Er habe weder eine Nachricht über deren Empfang noch ein Honorar erhalten und bittet Ries, sich darum zu kümmern. Er hofft, "baldigst von ihnen nicht allegromäßig sonder[n] veloce Prestissimo das Beste von ihnen zu hören".
Beethoven ermuntert Ries, fleißig zu komponieren. Er spiele Ries' Werke mit seinem Schüler ("mein liebes Erzherzöglein") Rudolph, dessen Meinung, Ries mache als gewesener Schüler dem Meister Ehre, er gerne als Kompliment weitergibt.
Wie in vielen Briefen an Ries vergisst Beethoven nicht, Ries' Frau innigst zu grüßen. Er hofft, sie kommenden Winter persönlich in die Arme schließen zu können.
Beethoven kündigt an, der Brief werde von einem "Geistvolle[n] Engländer" überbracht (wohl John Smith aus Glasgow, der, wie aus Thomsons Eintrag hervorgeht, den Brief an einen Dritten weitergab, der ihn monatelang verlegt hatte und erst im Oktober 1819 weiterleitete). Beethoven lobt alle Engländer als "tüchtige Kerls" und betont, wie gerne er "eine Zeitlang in ihrem Lande zubringen" möchte. Diesen Reisetraum hat er jedoch nie verwirklicht. (J.R.)
Literatur: Grigat, Die Sammlung Wegeler ..., Bonn 2008, Nr. D15. – Ley, Beethoven als Freund der Familie Wegeler-v. Breuning, Bonn 1927, S. 97-98
Nachweis: BGA 1302. – KK 891. – And. 944. – Hill Nr. 74. – Grigat D15
Schlagwörter:
Beethoven, Ludwig van / Brief / Ries, Ferdinand / 1819
Beethoven, Ludwig van / Ries, Ferdinand / Schüler
Beethoven, Ludwig van / Smith, John
Beethoven, Ludwig van / op. 104
Beethoven, Ludwig van / op. 106
Beethoven, Ludwig van / Geld / Honorar
Beethoven, Ludwig van / Rudolph <Österreich, Erzherzog, 1788-1831> / Schüler
Permalink
W 14Briefe / Ries, Ferdinand / 1819.05.25Beethoven, Ludwig van25.05.1819