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HCB Br 299
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Kaspar Karl van Beethoven, Brief an Breitkopf & Härtel in Leipzig, Wien, 5. Dezember 1802, Autograph

HCB Br 299

Sammlung H. C. Bodmer

Beethoven, Kaspar Karl van
[Briefe / Breitkopf & Härtel / 1802.12.05]
Brief an Breitkopf & Härtel in Leipzig, Wien, 5. Dezember 1802. – Autograph
Wien, 05.12.1802. – 1 Doppelblatt, 4 beschriebene Seiten. – Tinte ; 24 x 18,3 cm. – Dt.

Registraturvermerk Bl. 1r unten, auf dem Kopf stehend: "1802 / Xbr / - / 11 [daneben:] Wien / L [korrigiert in:] C v Beethoven"; Datierung: "Wien 5 Xber [1]802"

Textanfang: "Sie haben an meinen Bruder einen Brief geschrieben, der allenfals [!] an einen Schulknaben"

Eigenhändiger Brief, datiert, mit Unterschrift.

Provenienz: Hans Conrad Bodmer in Zürich

Zugang: 1956, Vermächtnis Hans Conrad Bodmer

Karl van Beethoven schreibt dem Verleger Härtel in Leipzig in Geschäftsangelegenheiten seines Bruders Ludwig. Zentraler Gegenstand des Briefes ist die Auseinandersetzung um die Herausgabe des Quintetts op. 29, Artarias illegalen Nachstich und die Reaktionen Beethovens und Härtels in ihrer Korrespondenz.

Zum Hintergrund: Beethoven hatte sein Streichquintett op. 29 dem Grafen Moritz von Fries gewidmet und es ihm für ein halbes Jahr zur exklusiven Verfügung überlassen. Nach Ablauf der Frist war vereinbart, dass der Komponist darüber nach Belieben verfügen und es verkaufen könne. Ohne Beethovens Wissen gelangte das Manuskript von Fries allerdings zu Artaria, der es stach. Zum gleichen Zeitpunkt hatte Beethoven das Quintett jedoch an Breitkopf und Härtel verkauft, die eine rechtmäßige Ausgabe veranstalten wollten. Das Problem liegt auf der Hand: zwei Verleger bringen zur selben Zeit das gleiche Werk heraus, nur einer davon ist rechtmäßiger Eigentümer. Beethoven verhandelte mit Artaria, dieser lenkte ein und verpflichtete sich schließlich, das Erscheinen der Leipziger Originalausgabe abzuwarten und erst zwei Wochen danach mit seinem Nachstich herauszukommen.

Karl van Beethoven schreibt an Härtel als Reaktion auf einen Brief Härtels an seinen Bruder Ludwig, der noch vor der Einigung mit Artaria geschrieben worden war. Härtel wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht - sein Verlagsrepräsentant Griesinger in Wien berichtete erst kurz darauf die Zusammenhänge -, dass Beethoven völlig unschuldig an der Misere mit dem Raubstich war. Härtel hatte sich in recht grobem Ton über Artarias Machenschaften beschwert, in die er Beethoven mit einbezog. Karl stellt sich auf die Seite seines Bruders und verteidigt diesen (wie auch wenige Tage darauf Griesinger, der die ganze Geschichte bei Härtel klar stellte).

Karl stellt zunächst die Modalitäten seines Bruders beim Verkauf eines Werkes dar: der Widmungsträger (der für die Widmung bezahlt hatte), erhält das Werk exklusiv für ein halbes oder ganzes Jahr, darf es aber nicht weiter geben. Nach Ablauf der Frist erlangt der Komponist die Rechte zur freien Verfügung zurück. So sei der Fall auch bei Graf Fries gewesen. Nur durch die Niedertracht Artarias sei das Manuskript aus den Händen gegeben worden (Fries wusste selbst nichts von dem Deal, ein angestellter Musiker hatte es dem Wiener Verleger überbracht).

Karl sichert Härtel Genugtuung zu, um die sich auch Fries bemühe. Er habe dem Brief das von Artaria unterzeichnete "Revers" zur Kenntnisnahme beigelegt (nicht erhalten), damit Härtel erkenne, dass der Konflikt beigelegt sei und er zu seinem Recht komme (das sog. Revers war Artarias Verpflichtung, erst zwei Wochen nah der Originalausgabe mit seinem Raubdruck zu erscheinen).

Mehrfach bemängelt Karl van Beethoven Härtels ruppigen Ton gegenüber seinem Bruder, der eines Künstlers nicht würdig sei. Ludwig sei darüber außerordentlich verärgert gewesen. Abgesehen von der Unhöflichkeit, die einer Besänftigung bedürfe, sei sein Bruder schon deshalb unschuldig, weil er selbst, Karl, alle seine Geschäft führe. (J.R.)

Nachweis: Unger Br 299. – BGA 119


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