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Nikolaus Galitzin, Brief an Ludwig van Beethoven in Wien, Petersburg, 29. November 1823, Autograph

Galitzin, Nikolaus
[Briefe / Beethoven, Ludwig van / 1823.11.29]
Brief an Ludwig van Beethoven in Wien, Petersburg, 29. November 1823. – Autograph
Petersburg, 29.11.1823. – 1 Doppelblatt, 3 Seiten Brieftext, 1 Adressenseite. – Tinte ; 20,3 x 12,9 cm. – Franz.

Adresse: "A Monsieur / Monsieur Louis van Beethoven / à Vienne / en Autriche", daneben von der Hand Hotschevars: "N=ro 9", unten quer: "vom 23. 9ber 1823"; Siegel, Postvermerke und Stempel; Datierung: "Petersbourg ce 29 novembre 1823."

Textanfang: "J'ai reçu avec une joie inexprimable"

Eigenhändiger Brief, mit Unterschrift, datiert, ohne Anrede.

Bl. 1 ist am rechten Rand beim Öffnen des Siegels eingerissen, auf Bl. 2 Fehlstelle durch Siegelriss, mit Textverlust.

Provenienz: Alice Heimler in Wien

Zugang: 1964, Kauf Alice Heimler

Fürst Galitzin dankt für den Erhalt der Messe op. 123, er habe die Partitur bereits überflogen und sei begeistert. Er plant eine Aufführung, über deren Erfolg er sich bereits sicher ist. Die Missa solemnis erlebte durch Galitzin ihre Uraufführung, sie wurde am 7.4.1824 in St. Petersburg erstmals vollständig aufgeführt.

Der Fürst bedauert, die von Beethoven zugesagten Klaviersonaten (die Sonate op. 111 und die Variationen op. 120) noch nicht erhalten zu haben (das Paket ist wohl verloren gegangen). Stolz berichtet er, bereits mehrere Sonaten Beethovens für Streichquartett arrangiert zu haben. Fürst Galitzin spielte Cello und verehrte Beethovens Klavierwerke. Da er das Klavier nicht beherrschte, bearbeitete er seine Lieblingsstücke, um sie mit seinem hauseigenen Streichquartett aufführen zu können. Galitzin erzählt, er könne Beethovens Sonaten auch durch den Vortrag des Pianisten Zeuner kennen lernen, der immer, wenn er zu Besuch komme, auch Beethovens Sonaten spielen müsse.

Galitzin äußert sich abfällig zum herrschenden europäischen Musikgeschmack der Zeit, der von "italienischer Scharlatanerie" geprägt sei. Er ist sich jedoch sicher, diese Moden würden vergehen, Beethovens Meisterwerke seien dagegen unsterblich. Galitzin wünscht sehr, bald ein neues Quartett von Beethoven zu bekommen (schon im vorangegangenen November hatte er drei Quartette bei Beethoven in Auftrag gegeben).

Fürst Galitzin war sicherlich das, was wir heute einen glühenden Fan nennen würden. Er überschüttet Beethoven mit Ruhmesfloskeln und Ehrbezeugungen und umschmeichelt ihn derart, dass es streckenweise nahezu peinlich ist, den schwülstigen Text zu lesen. Eine kleine Kostprobe: Nachdem er, Galitzin, zu jung ist, den berühmten Mozart gekannt zu haben und auch nur in seiner Wiener Kindheit die letzten Jahre Haydns miterlebt hat, preist er sich überglücklich, Zeitgenosse des dritten Musikhelden (Beethoven) zu sein, der nur in den beiden vorgenannten seinesgleichen findet, und den man zu Recht zum Gott der Melodie und der Harmonie ausrufen muss. (J.R.)

Nachweis: BGA 1752


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